Selbsternannter Galeria-Retter meldet Insolvenz an

Die Modekette Aachener hatte angekündigt, bis zum Februar 2024 bis zu 25 Galeria-Filialen zu übernehmen. Nun wird der Firmengründer und ehemalige Geschäftsführer Friedrich Göbel per Haftbefehl gesucht.

Das erst 2022 gegründete Unternehmen Aachener, das sieben Modehäuser in Deutschland betreibt, gehörte zu der Gruppe von Firmen, die Interesse an der Übernahme einzelner Standorte der angeschlagenen, zur österreichischen Signa-Gruppe gehörenden Galeria Karstadt Kaufhof GmbH bekundet hatten.

„Sollte es zu Übernahmen kommen, wird allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der betroffenen Filialen das Angebot gemacht, den Arbeitsplatz zu behalten“, ließ Göbel Anfang dieses Jahres vollmundig verlauten.

Von solchen Themen ist der aktuelle Geschäftsführer Oliver Nobel weit entfernt. Der erfahrene Sanierungsjurist Oliver Nobel hat gerade erst von der Kanzlei Görg die alleinige Geschäftsführung der Aachener-Muttergesellschaft TEH Textilhandel übernommen.

Vorausgegangen war laut der Zeitschrift Textilwirtschaft eine Mail von Friedrich Göbel an die über 300 Mitarbeiter, in der es unter anderem heißt:

„Ich bin seit gestern nicht mehr Geschäftsführer der TEH Textilhandel GmbH. Die Geschehnisse um meine Person haben diese Veränderung notwendig gemacht, um eine der Voraussetzungen für die erfolgreiche Weiterentwicklung von, Aaachener` zu erfüllen.“

Mit „Geschehnissen“ meint Göbel wohl die Tatsache, dass er untergetaucht ust und aktuell per Haftbefehl gesucht wird. Anfang November war er nicht zu einem Gerichtstermin erschienen, bei dem es um den Vorwurf ging, er habe falsche Angaben zu seinem Vermögen gemacht.

Nun stellt sich heraus, dass es um die wirtschaftliche Lage der Aachener Modekette schlecht bestellt ist.

„Nach aktuellem Stand der Dinge ist nicht mehr sichergestellt, dass wir fällige Verbindlichkeiten noch termingerecht und vollständig begleichen können“, teilte Nobel nach Prüfung der Unterlagen der Belegschaft mit.

„Um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Aachener wieder herstellen zu können, habe ich heute beim zuständigen Amtsgericht in Dortmund Antrag auf Eröffnung eines Regelinsolvenzverfahrens gestellt.“

Nobel wird nun gemeinsam mit dem zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellten Christoph Schulte-Kaubrügger versuchen, die TEH Textilhandel GmbH zu retten. Dabei sollen die Bestandsfilialen von Aachener mit rund 280 Beschäftigten weiter geöffnet bleiben.

Was wird aus den bereits übernommenen Galeria-Standorten?

Diese Frage stellen sich nun die etwa 90 Mitarbeiter der kürzlich von der Aachener Modekette übernommenen und angemieteten Filialen in Frankfurt am Main, Saarbrücken, Cottbus, Coburg, Nürnberg, Dortmund und Leverkusen. Noch keine davon wurde wieder eröffnet, lediglich in Frankfurt und Dortmund startete als Übergangslösung ein Outlet. Ursprünglich waren die Eröffnungen ab September dieses Jahres geplant.

Derweil arbeiten einige der betroffenen Städte an Alternativen. So hat laut Textilwirtschaft in Cottbus die Stadt als Eignerin der 10.000 Quadratmeter großen Ladenfläche den Mietvertrag mit der TEH Textilhandel GmbH wieder gekündigt, und zwar mit der Begründung der „Verletzungen der Pflichten aus dem Vertrag“. Und auch in Nürnberg gibt es Pläne für alternative Konzepte zur Nachvermietung.

Oliver Nobel bleibt dennoch optimistisch: „Für die noch nicht eröffneten Filialen prüfen wir die Möglichkeiten einer zeitnahen Eröffnung“, teilte er in einer Mitarbeiterinformation mit, in der auch von „vielversprechenden ersten Gesprächen mit Vermietern und Lieferanten“ die Rede ist.

„Angesichts der skizzierten aktuellen wirtschaftlichen Lage halte ich Aachener grundsätzlich für fortführungswürdig und fortführungsfähig“, so Nobel, der betont, dass die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter über das Insolvenzgeld bis Januar 2024 gesichert seien.

Die Signa Holding strauchelt

Nahezu zeitgleich hat übrigens mit der Signa Real Estate Germany GmbH die erste Immobiliengesellschaft aus der Signa-Holding des Milliardärs René Benko ebenfalls Insolvenz angemeldet. Zum Portfolio gehören unter anderem das KaDeWe und der Upper West Tower in Berlin, das Alsterhaus in Hamburg und Oberpollinger in München.

Die Galeria Karstadt Kaufhof GmbH selbst bereitet sich bereits auf eine Insolvenz der gesamten Holding und damit der eigenen Muttergesellschaft vor. Das berichtet die Süddeutsche Zeitung.

Demzufolge habe man die finanziellen Verpflichtungen gegenüber den deutschen Signa-Tochtergesellschaften bis einschließlich November erfüllt, Mietzahlungen im Dezember wolle man aber von der Lage abhängig machen und gegebenenfalls aussetzen.

Anfang November hatte René Benko den Führungsposten in seiner Signa Holding abgegeben und an den Sanierungsexperten Arndt Geiwitz übergeben. Dieser versucht bereits seit 2020, den Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof GmbH wieder auf Kurs zu bringen. Bislang vergeblich.

Das Magazin Business Insider hatte bereits Mitte November berichtet, dass die Liquidität des Unternehmens so tief gefallen sei, „dass ein Alarmmechanismus ausgelöst wurde und der Vorstandsvorsitzende Oliver van den Bossche den Aufsichtsratschef Wolfram Keil über die Lage informieren musste. Nun hofft man bei GKK auf das Weihnachtsgeschäft als Rettungsanker.“

Die Ausgangslage für eine Rettung der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH hat sich seitdem durch die Insolvenzen der TEH Textilhandel GmbH und der Signa Real Estate Germany GmbH noch einmal verschlechtert.

Antje Heepmann

Nach dem Studium der Germanistik begann ich 1999 meine journalistische Laufbahn als Volontärin beim Branchenmagazin „U.J.S. Uhren Juwelen Schmuck ”. Bis 2018 blieb ich zunächst als Redakteurin und...

Leave a comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *