Mit gerade einmal einem Satz informierte der Luxusgüterkonzern Richemont am Freitag über das sofortige Ausscheiden von Sophie Guieysse aus der Geschäftsleitung:
„Richemont gibt bekannt, dass Sophie Guieysse mit sofortiger Wirkung aus dem Senior Executive Committee ausscheidet und sich auf der Jahreshauptversammlung am 9. September 2020 nicht zur Wiederwahl in den Verwaltungsrat stellen wird.“
Guieysse wurde im Jahr 2017 zur Leiterin Group Human Resources ernannt und soll laut der Plattform fuw.ch Personalchefin der Gruppe bleiben.
nzz.ch titelte zu den Vorgängen bei Richemont: „Hohe Boni der Geschäftsleitung bei Richemont provozieren einen Aufstand der Mitarbeiter“.
Hintergrund ist, dass sich die Geschäftsleitung trotz eines deutlichen Einbruchs von Gewinn und Aktienkurs, eines massiven Umsatzrückgangs und Kurzarbeit für einen Großteil der Mitarbeiter infolge der Corona-Pandemie hohe und auch stark gestiegene Gehälter bezogen haben.
Die Trennung von Sophie Guieysse hatte sich bereits abgezeichnet, da Richemont am 5. Juni eine Überprüfung der Gehaltspolitik des Unternehmens angekündigt hatte.
Sie war Teil eines Teams, das angesichts der aktuellen Corona-Krise die Kosten für die 37.000 Mitarbeiter von Richemont senken sollte. Sie geriet in die Kritik, als der im Mai veröffentlichte Jahresbericht 2019/20 von Richemont offenbarte, dass ihre Gesamtvergütung gegenüber dem Vorjahr von 1,9 Milionnen CHF auf 3drei Millionen CHF gestiegen war.
Aber nicht nur ihre Bezüge stiegen trotz der schlechten Geschäftszahlen und -aussichten stark an.
Aus dem Ende Mai veröffentlichten Geschäftsbericht geht hervor, dass der Richemont-Chef Jérôme Lambert im zurückliegenden Geschäftsjahr 8,1 Millionen CHF verdinet hat. Das entsprich einer Steogerung von 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Richemont erklärt dies damit, dass Lambert, der 2018 die Gruppenleitung übernahm, Leistungen aus einem langfristigen Vergütungsprogramm erhalten habe und mit einer Sonderzahlung für seine frühere Tätigkeit als Markenleiter von Jaeger-LeCoultre sowie Montblanc entschädigt worden sei.
Eine noch größere Steigerung hatte es beim Gehalt von Nicolas Bos gegeben, der seit 2013 Chef der Schmuckmarke Van Cleef & Arpels ist. Mit 9.2 Millionen CHF erhielt er sage und schreibe fast 90 Prozent mehr als im Jahr zuvor.
Insgesamt bezog die achtköpfige Geschäftsleitung 41,4 Millionen CHF im zurückliegenden Geschäftsjahr, welches am 31. März 2020 endete. Im vorherigen Geschäftsjahr betrugen die Zahlungen an das neuköpfige Führungsteam 30,5 Millionen CHF.
Richemont betont, dass die Geschäftsleitung nun einer vorübergehenden Kürzung der Bezüge zugestimmt habe.
Das Vertrauen der Mitarbeiter in die Geschäftsleitung scheint aber durch die großzügige Handhabung bei der eigenen Bezahlung nachhaltig beschädigt zu sein.
So berichtet das Portal Business Montres & Joaillerie, dass leitende Mangager Einbußen beim Gehalt von bis zu 20 Prozent und andere Mitarbeiter bis zu 50 Prozent hinnehmen mussten. In den Standorten des Konzerns in Turin und Mailand hätte es sogar bereits Streiks der Belegschaft gegeben.