Gastbeitrag, Thomas Krim: Zeitzeichen II: Omega „Constellation Megaquartz 2.4 Mhz“ – der Ziegelstein unter den Uhren

„Zeitzeichen“ sind für mich Uhren mit außergewöhnlicher Technik, gepaart mit einem avantgardistischen Design, die in ihrem jeweiligen Marktsegment damals (und heute) Zeichen setzten – Zeitzeichen eben.

„Zeitzeichen“ sind für mich Uhren mit außergewöhnlicher Technik, gepaart mit einem avantgardistischen Design, die in ihrem jeweiligen Marktsegment damals (und heute) Zeichen setzten – Zeitzeichen eben.

Die „McDonnell F-4 Phantom“, die bei der Luftwaffe noch bis 2013 als Jagdbomber im Einsatz war, führten Piloten gern als spöttischen Beweis an, dass „selbst ein Ziegelstein fliegen kann, wenn die Triebwerke nur stark genug sind“.

Übertragen auf die hier betrachtete Uhr, die Omega „Constellation Megaquartz 2.4 Mhz.“ müsste ein Uhrmacher gleichlautend kolportieren, dass „selbst ein Ziegelstein die Zeit anzeigen kann, wenn das Werk nur groß genug ist“.

Denn nicht weniger mächtig kommt diese außergewöhnliche und recht seltene Uhr daher – als veritabler „Ziegelstein“ mit einer imposanten Gehäusegröße von 49 x 33 x 13 Millimetern. Rund 150 Gramm zerren der Schwerkraft folgend am Handgelenk, sodass man die Hand beim Tragen der Uhr gern lässig in die Hosentasche steckte, um eine hängende Schulter zu vermeiden.

Die unübersehbare Größe, das außergewöhnliche Design, sowie die für die damalige Zeit mit einem enormen Kostenaufwand von 30 Millionen Schweizer Franken [SIC!] hochentwickelte Technik dieser Uhr machen sie zu einem weiteren Exemplar der von mir gern propagierten außergewöhnlichen „Zeitzeichen“.

Die Geburt des „Elefanten“

Die Entwicklung des Werkes begann bereits in den späten 1960er-Jahren. Auf der Baselworld 1970 (damals noch die „Schweizer Uhrenmesse“) zeigte Omega die ersten Prototypen mit dem Kaliber 1500. Aufgrund der an zwei große Ohren erinnernden Batterien bekam dieses Kaliber schnell den Spitznamen „Elefant“.

Omega entwickelte das Werk zusammen mit dem Schweizer Batelle-Institut mit dem Ziel, eine Uhr mit erheblich höherer (und bis heute nahezu unerreichter) Ganggenauigkeit als Gegenstück zum ein Jahr vorher vorgestellten Beta 21 Quarzwerk zu produzieren. Das wiederum kam als Kaliber 1300 „Omega Electroquarz f8192“ bei Omega bereits tausendfach zum Einsatz.

Die „Constellation Megaquartz 2.4 Mhz“-Uhrenfamilie bestand aus zwei Versionen – der Cal. 1510 2.4 Mhz „Constellation Megaquartz“, von der Omega nur rund 1.000 Stück herstellte, sowie der 1511/1516 2.4 Mhz „Constellation Megaquartz Marine Chronometer“ in einer Auflage von etwa 9.000 Stück. Insgesamt produzierte Omega zwischen 1970 und 1976 nur etwa 10.000 Exemplare dieser außergewöhnlichen Uhr. Die letzten, bei Omega im Lager verbliebenen Exemplare sollen dann ganz zum Schluss für 150 Schweizer Franken an Omega-Mitarbeiter „verramscht“ worden sein.

Während bei einem herkömmlichen analogen Quarzwerk ein Schrittmotor im Sekundentakt für das Vorrücken des Sekundenzeigers sorgt, ist die Technik der Omega 1500 Kaliberfamilie wesentlich aufwendiger ausgeführt. Eine elektronische Schaltung rechnet die Schwingungen des Quarzoszillators um und steuert über eine Spule einen Anker – vergleichbar mit einem mechanischen Werk –, der über ein Ankerrad für die Vorwärtsbewegung des Zeigerwerks sorgt.

Foto: omegamegaquartz.com
omegamegaquartz.com

Aber nicht nur der Antrieb dieser Uhren ist ungewöhnlich, auch die Zeigerstellung hat ihre Besonderheiten. Von Omega als „TSA“ (Time Second Adjustment) bezeichnet, kann man den Stundenzeiger und der Minutenzeiger unabhängig voneinander verstellen, während das Uhrwerk weiterläuft.

Das erleichtert zum Beispiel das Umstellen der Stunde beim Wechsel der Zeitzone. Den Sekundenzeiger kann man über einen kleinen Drücker anhalten, somit lässt sich die Uhr sekundengenau stellen. Die Kalender-Schnellverstellung erfolgt über mehrfaches Vorstellen des Stundenzeigers über „12 Uhr“ hinaus.

Selbst nach über 45 Jahren: Die genaueste, nicht temperaturkompensierte Uhr der Welt

Die Ganggenauigkeit dieses Werks ist bis heute beeindruckend und einzigartig; und wird weder von einem mechanischen noch elektromechanischen Werk erreicht. Die Uhr hält nach wie vor den Titel als „genaueste, nicht temperaturkompensierte Uhr der Welt“.

Das gilt immerhin für eine technische Entwicklung, die bereits mehr als 45 Jahre alt ist. Omega hat die Uhr stolz mit einer Gangabweichung von zirka einer Sekunde im Monat angeboten, tatsächlich lag die durchschnittliche Gangabweichung gemäß der peniblen Prüfungen des Observatoire Besançon auch wirklich im Bereich von maximal zwölf Sekunden jährlich. Abhängig vom verbauten Kaliber (1510/1511 oder 1516) hat die Uhr leicht unterschiedliche Gehäuseabmessungen, weil sich bei der Weiterentwicklung des Werks von Kaliber 1510/11 zu 1516 die Hauptplatine etwas verkleinerte, wodurch das Gehäuse in der Länge um etwa fünf Millimeter schrumpfte. Das hatte zwar keinen großen Einfluss auf die allgemein imposante Erscheinung, ließ die zweite Version aber von den Proportionen her etwas gefälliger aussehen.

Es gab mehrere Ausführungen der „Omega Constellation Megaquartz 2.4 Mhz“, die sich speziell im Gehäusemodell, dem verwendeten Gehäusematerial und Zifferblatt unterschieden. Die zahlreichen Unterschiede der Uhren würden den Rahmen dieses Beitrags sprengen, daher hier nur die wichtigsten Details.

Die verschiedenen Ausführungen

Grundsätzlich unterscheidet sich diese Uhr durch die Ausführung als „Dresswatch“ (ohne Chronometer-Prüfung, mit verschiedenen Gehäuse- und Zifferblatttypen) sowie der Ausführung als „Marine Chronometer“, überwiegend im Stahlgehäuse, immer mit einer Lünette aus Gold und einer goldenen Plakette mit der Seriennummer an der Gehäusevorderseite. Beim „Marine Chronometer“ hat das Observatorium der Universität Besançon jede einzelne Uhr geprüft, und ein individuelles und aussagekräftiges Chronometer-Zeugnis erstellt.

Herrscht beim „Marine Chronometer“ die Gehäusevariante Stahl/Gold (mit goldener Lünette und Seriennummer-Plakette) und einem schwarzen Zifferblatt mit weißen Zeigern vor, so ist die Dresswatch wesentlich variantenreicher. Ob nun Gehäuse aus 18kt Gold oder Stahl, Leder- oder Stahlarmband (wobei die Ausführung mit dem Lederband sehr selten ist), schwarzes „Waffel“- oder blaues „Stardust“-Zifferblatt mit Goldsprenkeln – in jeder Kombination strahlt die Uhr imponierende Exklusivität aus.

Einen umfangreichen Überblick der unterschiedlichen Gehäuse- und Zifferblattvarianten kann man sich auf der sehr ausführlichen Seite Omegamegaquartz.com verschaffen, deren Autor sich große Mühe gemacht, hat, möglichst viele Informationen über diese außergewöhnliche Uhr zusammenzutragen.

Reparatur & Ersatzteillage

Das, wie schon eingangs erwähnt, unter großen Kostenaufwand entwickelte Werk ist eine technische Kostbarkeit, die man einem damit nicht vertrauten Uhrmacher nicht unbedingt zur Reparatur überlassen sollte. Dazu ist die Kombination der ausgeklügelten Elektromechanik, verbunden mit einer hochgetakteten Elektronik dann doch etwas zu anspruchsvoll. Es gibt aber durchaus noch eine Reihe erfahrener Uhrmacher, die diese Werke fachmännisch reparieren und justieren können.

Die Ersatzteilversorgung ist – wie bei vielen „Raritäten“ der Marke Omega – leider recht eingeschränkt. Gehäuseteile wie Glas, Krone und Dichtungen sind für die gängigsten Referenzen noch verfügbar. Ersatz-Lederbänder gibt es leider nicht mehr, die originalen Verlängerungsglieder für das Metallband sind auch nicht mehr verfügbar. Allerdings liefert Omega stattdessen die Glieder eines ähnlichen Stahlarmbands, die nach ein wenig Anpassungsarbeit (die Bohrung für den Federsteg muss aufgerieben werden) problemlos verwendet werden können, und sich so gut wie nicht von den Originalgliedern unterscheiden.

Ein Schwachpunkt sind die Verbindungselemente der nicht auswechselbaren Bandglieder. Durch das hohe Gewicht der Uhr neigen diese zum „Stretch“, vulgo ausleiern. Das manifestiert sich dann in unschön großen Spaltmaßen zwischen den einzelnen Gliedern. Ein guter Uhrmacher oder Goldschmied kann hier aber auch durch vorsichtiges Bearbeiten der Verbindungselemente Abhilfe schaffen.

Wenn man eine voll funktionsfähige Uhr sein Eigen nennen kann, sind Werksreparaturen – bis auf den jährlichen Batteriewechsel und ab und zu ein wenig frisches Öl für die Lager – eher selten. Auf jeden Fall sollte man mit dem an sich einfachen Batteriewechsel nur einen wirklichen Fachmann beauftragen, der über die entsprechende Erfahrung verfügt, um die für Spannungsspitzen leider sehr empfängliche Elektronik nicht durch statische Elektrizität ins elektronische Nirwana zu schicken.

Prekär sieht es leider bei der Verfügbarkeit von Werkersatzteilen aus, die gegen Null tendiert. Von daher kann man nur dringend vor dem Kauf von Uhren abraten, die als „überholungsbedürftig“, „Restaurationsobjekt“ oder nicht ausdrücklich als „voll funktionstüchtig“ mit entsprechend akkuraten Gangwerten zu finden sind.

Eine notwendige Reparatur kann dann sehr leicht zu einem Glücksspiel mit möglichem Totalverlust werden. Es sei denn, man hat das Glück, ein funktionsfähiges Werk für ein Schlachtfest zu ergattern.

Die Wertentwicklung

Die Wertentwicklung dieser Uhren ist nicht stringent. Die damaligen Neupreise der Uhr bewegten sich je nach Ausführung zwischen zirka 750 und 2.500 CHF.

Die Preise für gut erhaltene, voll funktionsfähige Uhren bewegen sich heute zwischen etwa 2.500 und 8.500 €, je nach Ausstattung (ohne oder mit Papieren, d. h. dem originalen „Marine-Chronometer“-Zeugnis des Observatoire Besançon) sowie Gehäusematerial und Zifferblatt.

Für etwa 4.000 bis 5.000 € kann man einen gut erhaltenen oder gut restaurierten „Marine Chronometer“ mit Chronometer-Zeugnis finden. Und man freut sich dann jeden Monat erneut darüber, wenn der Sekundenzeiger fast genauso akkurat wie im Vormonat seine Runden zieht.

Zum Schluss noch ein „Familienfoto“, bestehend aus den beiden Omega „Constellation Megaquartz Marine Chronometer“ Ref. 198.0074 mit Kaliber 1511 und Ref. 198.0082 mit Kaliber 1516, der „kleinen Schwester“ Omega „Seamaster Mariner II“ Ref. 396.0838 mit Kaliber 1320, sowie dem „großen Bruder“ Omega „Marine Chronometer“ Kal. 1525.


Über den Autor

Thomas Krim ist einer der letzten Furnituristen Deutschlands – ein Spezialist und (Groß-)Händler in Sachen Uhrenersatzteile, Uhrmacherbedarf und Uhrenzubehör.

Er ist Inhaber des 1898 gegründeten Unternehmens „Ernst Westphal“ und des angeschlossenen Online-Shops Watchtparts24.

Im WatchPro-Artikel „Der Herr der Teile“ haben wir Thomas Krim bereits porträtiert.

Als passionierter Sammler von Vintage-Uhren stellt er nun einige seiner persönlichen Favoriten vor, gibt Tipps und Einblicke.

Omega „Constellation Megaquartz 2.4 Mhz“ – der Ziegelstein unter den Uhren

 

Antje Heepmann

Nach dem Studium der Germanistik begann ich 1999 meine journalistische Laufbahn als Volontärin beim Branchenmagazin „U.J.S. Uhren Juwelen Schmuck ”. Bis 2018 blieb ich zunächst als Redakteurin und...

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