Auf den Geneva Watch Days habe ich Stéphane Waser im eastwest Hotel getroffen. Dort mietet sich die Schweizer Manufaktur alljährlich ein, um in entspannter Atmosphäre Kunden und Medienvertreter zu empfangen.
WatchPro: Sie sind seit mittlerweile über 16 Jahren bei Maurice Lacroix. Können Sie sich noch ein Leben ohne Maurice Lacorix vorstellen? Und wenn ja, wie würde das aussehen?
Stéphane Waser: Nein, eigentlich kann ich mir ein Leben ohne Maurice Lacroix nicht mehr vorstellen. Ich bin jetzt schon so lange in dieser Branche und es macht immer noch Spaß.
Ich sehe meinen Job auch nicht nur als Job oder Pflicht an. Es ist meine Leidenschaft. Ich stehe jeden Tag auf und freue mich auf die anstehenden Aufgaben, auch wenn es mal schwieriger ist.
Ich habe Spaß bei der Entwicklung von Produkten, bei der Planung der Produktionsprozesse und der Supply Chain. Ich optimiere gerne Dinge und Abläufe und habe Spaß, wenn ich reisen kann, einen guten Deal aushandeln und verkaufen darf.
WP: Sie haben also einen Traumjob.
SW: Ja, das kann ich wirklich sagen. Und obwohl wir zur DKSH Group gehören, können wir sehr unabhängig handeln. Sie lassen uns sehr viel Freiheiten. Ich denke, wenn ich bei einem großen Konzern wäre, hätte ich sicher nicht den gleichen Spaß.
Anm. d. Red.: Die DKSH Holding AG mit Sitz in Zürich ist ein international tätiger, stark diversifizierter Schweizer Dienstleistungs- und Handelskonzern.
WP: Was interessiert Sie eigentlich mehr: die Uhren oder die Uhrenbranche?
SW: Ganz klar die Branche. In puncto Produktdetails bin ich nicht so gut, ich begeistere mich für das Ganze und sehe meine Stärken im Entwickeln von Strategien. Zum Glück haben wir ein tolles Produkt und tolle Leute im Produktbereich, mit denen ich mich austausche. Meine Aufgabe sehe ich eher in der Ausrichtung, Entwicklung und Positionierung der Marke.
WP: Apropos Ausrichtung. Maurice Lacroix hat auch Quarzuhren im Sortiment. Finden Sie, dass diese manchmal unterschätzt werden?
SW: Ich denke ja, da herrscht stellenweise schon eine gewisse Arroganz. Dabei ist eine Schweizer Quarzuhr ein sehr qualitatives Produkt und mittlerweile können Batterien auch bis zu zehn Jahren laufen. Zudem waren es ja Schweizer, die die ersten tragbaren Quarzuhren** hergestellt haben. Ich denke, auch auf dieses Erbe kann man stolz sein, auch in der Quarztechnologie steckt viel Entwicklung.
Anm. d. Red.: In den späten 1950er-Jahren gelang es Patek Philippe dank Halbleitertechnologie, neuartigen Synchronmotoren sowie zuverlässigen Batterien erste tragbare Quarzuhren herzustellen.
Wir bei Maurice Lacroix sehen in Quarz eine gute Möglichkeit, sehr viele Menschen, die sich für Uhren interessieren, zu begleiten. Wir sagen nicht, dass jeder eine Mechanikuhr tragen muss, zumal Quarz viele tolle Funktionen und auch Vorteile bietet. Ich selbst trage auch gerade eine Quarzuhr …
WP: … und die passt fantastisch zu Ihrem Shirt!
SW: Richtig (lacht). Und auch das ist wichtig. Zudem ist Quarz sehr angenehm zu tragen, weil die Uhren meist leichter sind. Und wenn man heutzutage in gewissen Regionen dieser Welt unterwegs ist, dann fühlt man sich manchmal mit einer nicht ganz so kostspieligen Uhr am Handgelenk einfach besser.
WP: Maurice Lacroix hat während Ihrer Zeit eine deutliche Entwicklung durchgemacht. Worauf sind Sie besonders stolz? Und was hätten Sie im Rückblick vielleicht anders gemacht?
SW: Stolz bin ich auf das, dass wir es als Team geschafft haben, die Marke zu retten und sie heute gut aufgestellt ist und geschätzt wird.
Anm. d. Red.: Im Jahr 2008 kam Stéphane Waser zu Maurice Lacroix. Damals versuchte die Marke in das Preissegment über 10.000 CHF aufzusteigen. Dann kam die Finanzkrise. „Wir waren damals fast pleite, haben Mitarbeiter entlassen müssen“, so Waser. Schritt für Schritt hat er das Unternehmen wieder in die Gewinnzone geführt, unter anderem mit der Lancierung der „Aikon“ und der schwerpunktmäßigen Positionierung der Marke im Preissegment zwischen 1.000 und 3.000 CHF.
Das schönste Feedback ist, wenn Kunden uns schreiben, wie toll oder cool sie unsere Neuheiten finden. Das ist für mich die höchste Wertschätzung für unsere Arbeit.
Als ich 2008 angefangen habe, das die Marke sehr traditionell und hatte keine klare Positionierung. Und dann kam 2009 auch noch die Weltwirtschaftskrise, bevor unsere Manufakturstrategie überhaupt greifen konnte. Das waren wirklich schwierige Zeiten.
Die Trendwende brachte die Lancierung der „Aikon“ und damit eine klare Positionierung. Das hat uns auf den richtigen Weg gebracht, auch langfristig. 2019 kam mit Covid wieder eine herausfordernde Zeit, durch die wir aber gut durchgekommen sind.
Und auch jetzt sind die Zeiten aufgrund von Konflikten und vielen Unsicherheiten nicht einfach. Aber Maurice Lacroix ist mittlerweile ein sehr gesundes Unternehmen, dass zudem sehr agil, flexibel und in der Lage ist, zu investieren und zu handeln. Wir sind wirklich fit für die Zukunft und für Wachstum. Wir können auch schnell liefern und uns veränderten Anforderungen anpassen.